Im Dezember 2022 plante ich erneut einen selbst organisierten 24 Stunden Lauf um den Echternacher See. Der Ultraläufer Claude Stiefer war auch wieder dabei. Diesmal sammelten wir Spenden für die neu gegründete Organisation Ndaalân asbl und unterstützen damit den Bau und die Ausstattung einer Geburtsklinik im Senegal. Da ich die Gründer dieser neuen Organisation persönlich gut kannte und wusste, dass sie sich vor Ort sehr stark für die Umsetzung bestimmter Projekte im Senegal engagierten, war es mir eine Freude, den 24 h Lauf mit einer Spendenaktion für Ndaalân asbl zu verbinden.Wir informierten die Gemeinde Echternach sowie die Jugendherberge am Echternacher See über unser Vorhaben, und wir erhielten Unterstützung in Form eines Verkaufsstandes für die Ndaalân asbl vor der Jugendherberge.
Die Dezember-Monate der vergangenen Jahre waren immer ziemlich mild. Im Dezember 2020, als ich meinen 17(Sperr)Stunden Lauf am Echternacher See während der Pandemie lief, herrschen Temperaturen von 17 Grad. Aber 1-2 Wochen vor dem geplanten Start des 24 h Laufes im Dezember 2022 kündigten sich von Tag zu Tag kühlere Temperaturen an. Am Tag vor dem Lauf war der See in Echternach zugefroren, und dies sollte auch bis Sonntag so bleiben. Bis zu -13 Grad wurden in der Nacht von Samstag auf Sonntag gemeldet, und am Montag sollte es dann mit 15 Grad wieder außergewöhnlich warm sein. Ausgerechnet an den beiden Tagen vom 24 Stunden Lauf! Das konnte doch nur ein schlechter Scherz von der Wetterfee sein, oder? Aber es kam genau so wie angekündigt.
Ich packte meine sämtlichen Laufklamotten zusammen: Oberteile aus Merino-Wolle, warme Wollsocken, mehrere warme Daunenjacken sowie alle Mützen und Handschuhe, die ich besaß. Zusätzlich kaufte ich mehrere Thermopads für Hände und Füße. Claude war wieder mit seinem Camper vor Ort und wir richteten alles ein für die nächsten langen kalten Stunden.
Wir starteten morgens um 10 Uhr, es herrschten eisige Temperaturen und uns umgab eine traumhafte Eislandschaft. Der zugefrorene See bot uns eine außergewöhnliche Aussicht. Trotz der Temperaturen wurden wir von vielen Leuten begleitet und unterstützt, worüber ich mich sehr freute. Und die Ndaalân asbl war ebenfalls den ganzen Tag anwesend und verkaufte (teilweise gefrorenen) Kuchen und senegalesische Produkte.
Wir liefen Runde um Runde und machten möglichst wenige Pausen. Auch wenn wir uns in den Pausen etwas aufwärmen konnten, so benötigte der Körper anschließend wieder sehr viel Energie, um sich wieder an die kalten Temperaturen zu gewöhnen. Ich versuchte herauszufinden, wie ich meinen Körper so gut wie möglich warmhalten konnte, ohne dabei zu viel Energie zu verbrauchen. Lief ich langsamer, dann sparte ich zwar etwas Energie ein, aber der Körper kühlte schneller aus, so dass vermehrt Energie verbraucht wurde, um die Körpertemperatur zu halten. Lief ich schneller, dann verbrauchte ich zwar mehr Energie, aber ich kühlte nicht so sehr aus. Die Herausforderung bestand also darin, die optimale Balance zu finden.
Als es dunkel wurde, überraschten uns dann noch einige Läufer, darunter mein Partner Mike, mein Trainer und einige Freunde von Claude. Ab 23 Uhr liefen wir dann allein. Die Nacht war außergewöhnlich in mehreren Hinsichten. Neben den Temperaturen von -11, ertönten sehr spezielle Geräusche aus dem Wald und aus dem See (vermutlich vom Eis). Es war richtig unheimlich. Die Sterne und der Sichelmond waren sehr klar zu sehen und um uns herum glitzerten das Gras und die Bäume. Es waren einfach unvergessliche Ausblicke.
Ich trug ein paar Wollmützen und eine Kapuze auf dem Kopf, und neben den Handschuhen hatte ich zusätzlich Buff-Tücher um meine Hände gewickelt und ein Wärmepad in die Handschuhe gelegt. Trotzdem waren die Hände immer noch kalt. Das Wasser in meinen Getränkeflaschen war mittlerweile auch gefroren. Wir beschlossen, eine Pause im Camper einzulegen und uns etwas hinzulegen und aufzuwärmen. Ich wurde allerdings nicht mehr richtig warm, ich war durchgefroren bis auf die Knochen. Mir fiel auf, dass ich beim Sprechen nach den Wörtern suchen musste und führte das auf die Müdigkeit und den Schlafmangel zurück. Immerhin liefen wir bereits ca. 15 bis 16 Stunden. Allerdings hielt die Schwierigkeit, die richtigen Wörter zu finden, noch eine Woche an.
Nach ungefähr einer Stunde verließen wir wieder den Camper und liefen weiter. Es herrschten mittlerweile -13 Grad und unsere Körper fingen so langsam an, an eine gewisse Grenze zu stoßen. Ich zitterte trotz meinen ganzen Klamotten, Wärmepads und Mützen. Mir wurde noch kälter, auch wenn ich mich weiterhin bewegte. Nach einer weiteren Stunde laufen, zitterte ich immer mehr und wir gingen wieder in den Camper. Wir trafen die Entscheidung, dass wir die nächsten 4 Stunden drinnen bleiben und begaben uns erst um 7 Uhr wieder in die Kälte und liefen weiter.
Der Sonnenaufgang war einfach herrlich und wunderschön. Die letzten drei Stunden vergingen, und ich kann mich auch gar nicht mehr so genau daran erinnern. Wir liefen und gingen, liefen und gingen, Runde um Runde. Und dann war 10 Uhr. 24 Stunden waren geschafft. Meine Uhr zeigte 115 Lauf-Kilometer an (mit einigen GPS-Problemen).
Dieser 24 Stunden Lauf war eine große Herausforderung, sowohl physisch wie mental. Es war sehr interessant zu sehen, wie der Körper mit diesen außergewöhnlich kalten Temperaturen umgeht und wo die Grenzen liegen. Aber wir brachten uns dabei ja nicht in Gefahr und hörten stets wachsam auf die Signale unserer Körper.
Auch konnten wir Ndaalân asbl mit unserer Aktion unterstützen und es kamen rund 1481,30 Euro Spenden zusammen. Und der Bau der Geburtsklinik wurde auch mittlerweile umgesetzt. Vielen Dank an alle, die uns unterstützt haben!